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Al-Qaida

Was die Terroristen antreibt

Es ist die Zeit der ersten Selbstzeugnisse von al-Qaida und ihrem Umfeld. Terrorismus. Alltag wie nie zuvor titelte die Schweizer Kulturzeitschrift Du im Mai 2003 und veröffentlichte einige Seiten aus dem Tagebuch eines Terroristen. Wer aber ist dieser Omar Sayed Sheikh? Und vor allem, wie gelangt dieser Text in die Hände einer westlichen Redaktion? Nach der Lektüre des Buchs Masterminds of Terror von Nick Fielding und Yosri Fouda weiß man das. Der 29-jährige Omar Sheikh ist Mitglied der al-Qaida und wurde letztes Jahr im Mordfall Daniel Pearl in erster Instanz von einem pakistanischen Gericht zum Tod durch den Strang verurteilt. Sein Tagebuch aus der Zeit seiner ersten Entführungen von Ausländern in Indien 1994 befindet sich im Besitz der beiden Autoren. Fielding ist Chefreporter der Sunday Times, Fouda ist Chefkorrespondent des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira.

Der Untertitel ihres Buches, Der Insider-Report von al-Qaida, ist keine Übertreibung. Denn es geht nicht nur um Omar Sheikh oder die ebenfalls gefassten Al-Qaida-Köpfe Ramzi Binalshibh und Khalid Sheikh Mohammed, wie der Umschlag suggerieren mag. Das Buch ist auch die bisher ungeschriebene Biografie Mohammed Attas sowie die Geschichte und personelle Verflechtung al-Qaidas seit dem ersten Attentat auf das World Trade Center 1993 bis hin zum Anschlag auf die Synagoge in Djerba oder den Mord am Wall Street Journal-Reporter Pearl in Karatschi 2002. Es wird klar, dass die Vorbereitungen für die Attentate des 11. September fast ein Jahrzehnt gedauert haben und dass es Alternativpläne gab. Das Vorhaben, einen Atomreaktor zu treffen, wurde frühzeitig verworfen. Die Idee, 1995 einen Papstbesuch auf den Philippinen für einen Anschlag zu nutzen, konnte nicht umgesetzt werden, da der Papst seine Reise absagte.

Das Buch bietet gute Einblicke in Organisationsstruktur der al-Qaida. Und man erfährt viel über die Arbeit eines Starjournalisten von al-Dschasira. Fouda recherchierte in Kairo, Beirut, Hamburg, London, den USA, den Vereinigten Arabischen Emiraten und musste dreimal nach Karatschi fliegen. Denn das war der ursprüngliche Anlass: Die so genannte Medienabteilung der al-Qaida lud Fouda im April 2002 nach Pakistan ein, um an einem geheimen Ort Interviews mit zwei der meistgesuchten Terroristen zu führen – mit Mohammed Attas WG-Genossen, Ramzi Binalshibh, Koordinator der Anschläge des 11. September, und dem Militärchef der al-Qaida, Khalid Sheikh Mohammed. Der Coup klappte, aber die versprochenen Filmaufnahmen der „Medienabteilung“ sind bis heute verschollen. So veröffentlichte Fouda das Interview nur in der Sunday Times. Vier Tage nach der Veröffentlichung, am 11. September 2002, spürte der pakistanische Geheimdienst das Versteck Binalshibhs auf.

Mit den Kapiteln zu Omar Sheikh und Mohammed Atta gehen die Autoren über die Geschichte dieses Interviews hinaus und zwei „klassischen“ Al-Qaida-Biografien nach. Ähnlich wie die erste Generation der RAF sind es junge, gebildete, charmante Männer, die man nach allen Kriterien als „integriert“ bezeichnen würde und die sich häufig über die Wohltätigkeitsarbeit für bosnische Muslime in die Tötungsmaschinerie bin Ladens einspannen ließen.

π Nick Fielding/ Yosri Fouda:

Masterminds of Terror

Die Drahtzieher des 11. September berichten. Der Insider-Report von al-Qaida; a. d. Engl. v. Heinrich Versteegen; Europa Verlag, Hamburg 2003; 256 S., 14,90










 

 


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