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Zukunft im Fluss: Technokapitalistische Entwicklung und Wasserpolitik im Nordosten der Türkei

Dr. des. Erdem Evren

Entlang des Çoruh, einem Fluss in der östlichen Schwarzmeerregion der Türkei, sollen in naher Zukunft insgesamt zehn große Staudämme und ein Dutzend kleinerer Wasserkraftwerke entstehen. Damit steht die Region im Zentrum eines neuen, von der AKP-Regierung eingeführten Systems der Wasser-Governance. Der Entwicklungsplan für das Çoruh-Tal, in dem sich ein zügelloser „Developmentalismus“ mit einem neoliberalen Verständnis von Ressourcenmanagement paart, beruht auf einer Partnerschaft von öffentlichen und privaten Akteuren, die auf eine Privatisierung   der Wassernutzungsrechte abzielt. Am stärksten betroffen ist die Region um Yusufeli am oberen Flussabschnitt, wo neben einem Staudamm auch eine Reihe von Laufwasserkraftwerken geplant sind, was nicht nur einen eingeschränkten Zugang zu Wasser und Schäden für die Umwelt mit sich bringt, sondern auch eine Umsiedlung von rund 15.000 Menschen erforderlich macht. Diese Projekte werden von den Einheimischen kontrovers diskutiert: Manche Bewohner sehen darin ein Todesurteil für die Landwirtschaft und den Ökotourismus in der Region, während sich andere Vorteile von den neuen wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen versprechen.
Ausgehend von einer ethnografischen Feldforschung in der Kleinstadt Yusufeli (Artvin) und den umliegenden Dörfern wird dieses Forschungsprojekt untersuchen, wie die deregulierten und zum Teil noch ungewissen technokapitalistischen Pläne und Zukunftsentwürfe von verschiedenen lokalen Akteuren abgelehnt oder begrüßt werden und welche Rolle Fortschrittsvorstellungen, Umweltschutz und Religion dabei spielen. Mein besonderes Augenmerk gilt in diesem Zusammenhang den Veränderungen im Lebensumfeld und dem gesellschaftlichen Zusammenleben; es soll ergründet werden, wie sich die aus dem Fluss gewonnenen Ressourcen und die Bedeutungen, die ihm zugeschrieben werden, im Kontext der Wasser-Governance wandeln und welche Hoffnungen und Ängste der Developmental State in seiner gegenwärtigen Phase der Neoliberalisierung mit sich bringt, was einen kritischen Blick auf die Subjektivitäten eröffnet, die die neuen Verschmelzungen von Öffentlichem und Privatem sowie Legalem und Informellem hervorbringen.