| IRAK: DAS BRITISCHE MILITÄR ZERSTÖRT DEN 
            VERTRAUENSPROZESSDie Besatzer zeigen ihre Macht Die gefährliche Entwicklung zwischen Polizeikräften und Militär 
            im Süden Iraks signalisiert zwei neue Konflikte. Erstens spielt sich 
            diese Auseinandersetzung im bis vor kurzem vergleichsweise ruhigen 
            Gebiet der Schiiten ab. Hier galten die britischen Soldaten seit dem 
            Beginn der Invasion als Bürger in Uniform, die aktive Deeskalation 
            betrieben. Dieses Verhältnis ist nun zerstört. Zweitens ist es nicht 
            mehr ein Konflikt zwischen den so genannten Aufständischen 
            beziehungsweise terroristischen Gruppierungen und der 
            Besatzungsmacht, sondern zwischen irakischen Polizisten und dem 
            ausländischen Militär. Viele Iraker halten ihre Beschäftigung bei der Polizei geheim, 
            weil sie Angst haben, als Kollaborateure gebrandmarkt zu werden. 
            Hunderte haben ihr Leben bei Anschlägen vor den Rekrutierungsbüros 
            der Sicherheitskräfte verloren. Trotzdem ist das Verhältnis zwischen 
            der rudimentären irakischen Polizei und den Besatzungsarmeen von 
            Misstrauen geprägt. Allzu häufig schüren die britischen und 
            US-amerikanischen Vorgesetzten vor ihren Soldaten die 
            Dolchstoßlegende, im Zweifelsfall würde die irakische Polizei ihnen 
            in den Rücken fallen. Die Ausschreitungen zwischen Polizei und 
            Militär verwundern daher kaum. Sie sind vielmehr strukturell 
            angelegt. Dass der britische Kommandeur in Basra, John Lorimer, 
            erklärt, er würde wieder so handeln, unterstreicht das Problem.  Der Irak braucht eine klare politische Strategie, um einen 
            Rechtsstaat aufzubauen. Dazu gehört auch die Respektierung der 
            Exekutive, das heißt der Polizei sowie der Strafverfolgungsbehörden. 
            Das Informationschaos auf britischer Seite macht nicht den Eindruck, 
            als wäre hier der Rechtsweg eingehalten worden. Selbst der Verweis 
            auf den Kampf mit ungleichen Mitteln rechtfertigt nicht, 
            rechtsstaatliche Regeln außer Kraft zu setzen. Im Gegenteil, nur 
            ihre konsequente Anwendung birgt eine Chance, dass sich die Lage im 
            Irak beruhigt und eine tragfähige Kooperation zwischen Besatzern und 
            Besetzten entsteht. SONJA HEGASY Die Autorin ist Mitglied der Institutsleitung des 
            Zentrums Moderner Orient, Berlin taz Nr. 7774 vom 21.9.2005, Seite 11, 46 Zeilen 
            (Kommentar), SONJA HEGASY taz muss sein: Was ist Ihnen die 
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