Wie entscheidet ein Imam in Deutschland über den Status einer Muslimin, die sich legal von ihrem Mann trennt, doch noch mit ihm religiös verheiratet ist? Wie hilfreich ist die Fatwa eines Rechtsgelehrten aus Ägypten oder Saudi Arabien für einen Fall in einer muslimischen Gemeinde in Berlin-Neukölln? Auf welcher Sprache sollte ein Imam predigen, um alle Gemeindemitglieder erreichen zu können? – diese und viele andere Fragen prägten das Werkstattgespräch „Imame in Deutschland oder deutsche Imame – welche Ausbildung brauchen sie?“ des Verbundprojektes „Muslime in Europa“ am 21. Oktober.
Mehr als 70 Gäste haben am regnerischen Dienstagabend in die Werkstatt der Kulturen nach Berlin-Neukölln gefunden, um mit Ferid Heider, Rabeya Müller, Erol Pürlü und Günter Piening unter der Moderation von Melanie Kamp über die Chancen und Herausforderungen einer Imamausbildung in Deutschland zu diskutieren.
Das Podium (v.l.): Günter Piening (Integrationsbeauftragter des Landes Berlin, Berlin), Erol Pürlü (Verband Islamischer Kulturzentren, Köln), Melanie Kamp (Zentrum Moderner Orient, Berlin), Ferid Heider (Interkulturelles Zentrum für Dialog und Bildung, Berlin),….
… Rabeya Müller (Institut für Interreligiöse Pädagogik und Didaktik, Köln)
Die Referenten betonten die vielfältigen Funktionen, die ein Imam innerhalb seiner Gemeinde erfüllt: er ist Seelsorger, Vorbeter und Prediger, Berater in Fragen der Alltagsgestaltung und Religion. Auch die Dialogtätigkeit gehört zu seinen Aufgaben. Imame brauchen hierfür – da waren sich alle einig – nicht nur religiöse, sondern auch sprachliche und gesellschaftspolitische Kompetenzen. Initiativen zur Aus- und Weiterbildung hier in Deutschland, die diese Kompetenzen fördern, wurden durchweg begrüßt. Die Referenten vertraten allerdings unterschiedliche Ansichten darüber, wie stark sich der Staat engagieren solle. Kontrovers wurde auch über den Stellenwert religiöser Inhalte diskutiert. Zwar sei es wichtig, dass sich ein Imam in religiösen Rechtsfragen weiterbildet, um in die Lage versetzt zu werden, eigenständig religiöse Alltagsfragen der Gläubigen hier in Deutschland beantworten zu können, für die es oft kein fertiges Rezept gäbe. Rabeya Müller gab jedoch zu bedenken, dass durch eine zu stark vereinheitlichte theologische Aus- und Fortbildung ein „Klerus“ geschaffen werden könnte, der nicht in der ‚Natur’ des Islam liege.
Was das Werkstattgespräch zu einer besonderen Veranstaltung machte, war das ausgesprochen rege Engagement des Publikums – mehr als zwei Stunden waren nicht genug, um allen Erfahrungen, Meinungen und Vorschlägen gebührend Gehör zu schenken. Noch lange nach dem Ende der Veranstaltung blieben Referenten und Gäste, um in kleineren Gruppen die Diskussion fortzuführen und Kontakte auszutauschen.
Das lebhafte Interesse an der Diskussion und. die starke Beteiligung von Muslimen wie Musliminnen zeigt deutlich, wie groß der Bedarf nach Austausch und Kooperation zum Thema Imam-Ausbildung ist.
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