2. Arbeitstreffen Fachinformation Orientalistik Vorderer Orient / Nordafrika
Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt
Halle, 16. bis 17. Februar 2010
Aufbau eines elektronischen Findbuches für die Archivmaterialien am
Zentrum Moderner Orient
Vortrag gehalten am 17.2.2010,
Thomas Ripper / Bibliothek des Zentrums Moderner Orient, Berlin
1. Zusammenfassung
Das Projekt hat den Abschluss der Einarbeitung von zwei bedeutenden orientwissenschaftlichen Nachlässen in den Bestand der Bibliothek des ZMO und deren elektronische Erschließung zum Ziel. Dabei handelt es sich um umfangreiche Aktenbestände aus dem Nachlass von Prof. Dr. Gerhard Höpp zur Geschichte der arabisch-muslimischen Begegnung mit Deutschland und aus dem Nachlass von Dr. Horst Krüger zur indischen Geschichte im frühen 20. Jahrhundert.
Aufgrund ihrer Einmaligkeit sowie der großen überregionalen Nachfrage seitens der Wissenschaft sollen die Materialien nun vollständig über das Internet recherchierbar und im Falle der Höpp-Akten auch über Digitalisate zugänglich gemacht werden.
2. Ausgangslage, Vorarbeiten bis 2006 2.1 Ausgangslage 2005
Neben anderen Neuerungen seit September 2005 wie Einführung elektronischer Ressourcen und Angebot elektronischer Zeitschriften im Rahmen der EZB, Freihandaufstellung bzw. Systematisierung der neu erworbenen Literatur nach DDC, Transkription aller arabischer Titeldaten (ca. 15000) nach der DMG-Norm mit diakritischen Zeichen in Unicode, Anschluss an den GBV, Bibliothekssoftware PICA mit Modulen für Katalogisierung, Erwerbung sowie Ausleihe hat sich die Bibliothek die Verwaltung und insbesondere die systematische Erschließung aller Nachlässe zur Aufgabe gemacht. Denn zunehmend wird die ZMO-Bibliothek nicht nur aufgrund der erheblichen Bestände an grauer bzw. ansonsten schwer zu beschaffender Literatur, sondern auch aufgrund der Archivmaterialien, die sich in den Gelehrten-Nachlässen finden, zum Anziehungspunkt für WissenschaftlerInnen.
Dem wissenschaftlichen Nachlass von Prof. Dr. Gerhard Höpp (gest. Dez. 2003), der 127 Boxen mit Archivmaterialien umfasst, kommt angesichts seines zentralen Forschungsthemas zu arabischen und muslimischen Begegnungen mit Deutschland bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine besondere, auch aktuelle Bedeutung zu.
Prof. Dr. Gerhard Höpp hatte sich bereits als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeine Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR mit einer Arbeit zur Geschichte und Ideologie der Bewegung der Arabischen Nationalisten und ihrer Nachfolgeorganisationen habilitiert. Nach der Wende hat er den Forschungsschwerpunkt Moderner Orient, aus dem 1996 das Zentrum Moderner Orient hervorging, mit aufgebaut und geprägt. Auf dem Gebiet Araber und Muslime in Europa zwischen dem Beginn des 20. Jahrhunderts und dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er zum ausgewiesenen Experten. Keiner kannte so gut wie er die einschlägigen Archivbestände.
Die als Teil seines wissenschaftlichen Nachlasses in die Obhut der ZMO-Bibliothek übergegangenen Dokumente geben z. B. Aufschluss über die Situation arabischer Häftlinge in nationalsozialistischen Konzentrations- und Arbeitslagern oder muslimischer Soldaten des Ersten Weltkrieges in deutscher Kriegsgefangenschaft. Den umfangreichsten Teil des Nachlasses nimmt das letzte Thema, mit dem sich Gerhard Höpp beschäftigt hat, ein: Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus. Dieser trifft u. a. im Zusammenhang mit der aktuellen Debatte über Konzepte wie Islamofaschismus auf ein breites wissenschaftliches und journalistisches Interesse. Das gilt z. B. auch für die umfassende Sammlung an Quellen zu dem in Baku geborenen Schriftsteller Essad Bey, der von 1922 bis 1936 in Deutschland lebte.
Mit dem Nachlass von Dr. Horst Krüger erwarb das Zentrum Moderner Orient (damals noch Forschungsschwerpunkt Moderner Orient) 1993 eine ebenfalls bedeutende, etwa 75 Boxen umfassende Sammlung von Manuskripten, Archivdokumenten, Mikrofilmen, Exzerpten und anderen Dokumenten zur Geschichte Indiens im frühen 20. Jahrhundert.
Der Südasienhistoriker Dr. Horst Krüger (gest. 1989) hatte nach seiner Tätigkeit als Kulturberater an der Handelsvertretung der DDR in Indien (1957 1959) an der Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) gearbeitet, zunächst am Institut für Orientforschung, dann als Leiter der Forschungsgruppe Süd- und Südostasien des Zentralinstituts für Geschichte der AdW. Hier befasste er sich mit der neuen und neuesten Geschichte Indiens und veröffentlichte zwei Bände des auf vier Bände angelegten Werkes Die internationale Arbeiterbewegung und die indische nationale Befreiungsbewegung. Nach seinem Tod ging sein Nachlass an das ZMO über.
2.2 Vorarbeiten bis Ende 2006 Die Verwaltung aller Aktennachlässe gehört zu den Aufgaben, welche die Bibliothek seit September 2005 übernommen hat (siehe 2.1.).
Das gesamte Archivmaterial aus dem Höpp-Nachlass war bereits im April 2005 vorsortiert und in Archivboxen verpackt worden. Die 127 Boxen wurden hierbei nach folgenden sieben Gesichtspunkten geordnet: Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus [30 Boxen], Muslime in Deutschland [15 Boxen], Kriegserfahrungen [8 Boxen], Essad Bey [12 Boxen], Islamwissenschaft [13 Boxen], Politik und Gesellschaft in der islamischen Welt [21 Boxen], Politische Strömungen im Islam [12 Boxen], Gerhard Höpp [12 Boxen]. Dazu kommen das Bildmaterial [1], die Mikrofilme [2] und das nicht zuordenbare Material [1].
Die Arbeiten im Rahmen des Projektes zur Verzeichnung der Höpp-Akten in einem elektronischen Findbuch wurden dann eingeleitet, indem eine Datenbank des Materials mit einer aus dem Jahr 2000 stammenden Version der von der Archivschule Marburg entwickelten Software Midosa erstellt wurde. Auf diese Weise konnten zunächst die Dokumente aus 18 Archiv-Boxen über die elektronische Stichwort-Suche sowie über den elektronischen Schlagwort-Index inhaltlich erschlossen werden.
Der zur Bibliothek gehörende Aktenbestand des Krüger-Nachlasses konnte bislang mit 7727 Titeleinträgen (insgesamt 57 Boxen und 423 Nummern) per Computer erfasst werden. Für jedes dieser Dokumente wurden Metadaten in einer Works-Tabelle verzeichnet. Diese Liste kann an einzelnen Rechnern aufgerufen werden und ist auch als Ausdruck in der Bibliothek verfügbar.
3. Ziele und Arbeitsprogramm seit 2007 3.1 Ziele
Ziel des Vorhabens ist der Abschluss beider laufender Projekte zur Einarbeitung und Sicherung von Nachlässen zum Nahen Osten und zu Südasien sowie deren Erschließung über Online-Suchfunktionen (ev. auch über die Portale bzw. Metasuchmaschinen der entspr. Virtuellen Fachbibliotheken).
Höpp-Akten: Dieser Bestand ist zurzeit der am häufigsten frequentierte Spezialbestand in der Bibliothek und es kommen ForscherInnen aus dem Ausland nur aufgrund dieses Aktennachlasses an das ZMO. Das Ziel einer detaillierten sachlichen Erschließung der einzelnen Dokumente bzw. Konvolute in einer Datenbank sowie die Einrichtung einer elektronischen Suchfunktion in Form einer nutzerfreundlichen Suchmaske (siehe 3.2.) entsprechen daher einem verbreiteten Interesse.
Da das Material von Prof. Höpp sehr heterogener Herkunft ist, soll dieser Teil des Projekts es ermöglichen, im Idealfall über eine reine Online-Recherche diese Bestände zu nutzen. Zu diesem Zweck wie auch zum Schutz des Bestandes sollen alle Titeldaten mit den gescannten Abbildungen der Dokumente verknüpft und nur diese Digitalisate für die Benutzung freigegeben werden. In allen Fällen, bei denen dies aus rechtlichen Gründen bzw. aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre bedenklich erscheint, bleibt der Zugriff auf die Materialien durch ein Passwort geschützt.
Krüger-Akten: Mit der vollständigen Erschließung über die elektronische Suchfunktion (siehe 3.2.) soll auch dieser für die Erforschung der neueren Geschichte Südasiens wesentliche Bestand an Archivmaterialien online recherchierbar werden. Dem wachsenden Interesse von SüdasienwissenschaftlerInnen (z. B. aus Indien oder USA) an der Nutzung dieser Materialien kann gegenwärtig nur teilweise entsprochen werden, da ca. 20% des Bestandes noch nicht erfasst und die bereits vorhandenen Daten noch nicht im Hinblick auf eine sinnvolle Suche in den verschiedenen Kategorien normiert sind.
3.2 Arbeitsprogramm seit 2007 Datenkonvertierung und Online-Suchfunktion: Zunächst mussten die Daten der beiden Nachlässe, welche zuvor mit unterschiedlichen Programmen erfasst worden waren, in ein einheitliches Format konvertiert und in eine auf einem externen Webserver eingerichtete Datenbank importiert werden (Dez. 2006 bis Febr. 2007). Die Metadaten neu erfasster Nachlassbestände werden seitdem über Excel-Tabellen in diese Datenbank eingegeben. Über eine Suchfunktion sind die Daten im Netz aufruf- und recherchierbar. Diese Funktion bietet diverse Suchkategorien mit für die inhaltliche Recherche relevanten Stich- und Schlagwörtern und macht so die Datenbank über das Netz zugänglich.
Es wurden unter Berücksichtigung der vormaligen, heterogen strukturierten Findbücher sinnvolle Suchkategorien für die gemeinsame Online-Suchfunktion ermittelt. Die Daten wurden aus Midosa (Höpp-Akten) und Works (Krüger-Akten) nach Excel konvertiert. Allerdings konnte ein Teil der Daten aus Midosa nur durch das Überführen in eine Access-Datenbank erfasst und erst nach diesem Zwischenschritt erfolgreich in die Excel-Tabelle eingefügt werden.
Die Excel-Tabellen wurden in eine an das von der Bibliothek vorgegebene Datenbankschema angepasste MySQL-Datenbank importiert. Auf einem externen Apache-Webserver ist für diese MySQL-Datenbank Speicherplatz angemietet und eine Datenbankabfrage mittels PHP eingerichtet. Somit ist die Bibliotheksanwendung (d. h. das elektronische Findbuch) im Netz erreichbar.
Die jeweils in Excel-Tabellen eingegeben Daten werden regelmäßig in der Mastertabelle zusammengeführt. Über den Punkt Verwaltung auf der Webanwendung kann die Mastertabelle im CSV-Format auf den externen Apache-Webserver geladen und damit das Online-Findbuch auf den aktuellen Stand gebracht werden.
Die Dokumententitel werden in die Excel-Tabelle mit den HTML-Codes für einen Hyperlink zu den PDF-Dateien mit den gescannten Abbildungen der jeweiligen Dokumente eingetragen. Die PraktikantInnen scannen alle Akten des Höpp-Nachlasses und speichern sie als PDF-Dokumente auf dem ZMO-Webserver. Hier gibt es einen Ordner für die frei zugänglichen Digitalisate sowie je einen untergeordneten Ordner für die mit Passwort geschützten und für die komplett gesperrten Scans. Diese Ordnung ist in den angeführten Beispielen für die in den HTML-Codes dargestellten Webadressen erkennbar.
Beispiel 1, frei zugängliches Dokument:
<a href=http://www.zmo.de/biblio/nachlass/hoepp/07_08/07_08_048.pdf target=_blank>Kultur for Egypt. Students' Exodus to Berlin</a>
Beispiel 2, geschütztes Dokument:
<a href=https://www.zmo.de/biblio/nachlass/intern/hoepp/int01_11/01_11_013.pdf target=_blank>Brief Klaus Kirchner an Höpp, inkl. arabische Flugblätter</a> Beispiel 3, gesperrtes Dokument:
<a href=https://www.zmo.de/biblio/nachlass/gesperrt/hoepp/ges01_15/01_15_041.pdf target=_blank>xxxx</a>
Mit gescannten Dokumenten verknüpft wurden z. B. bereits die Daten im Findbuch unter Nachlass Höpp / Signatur / 07.08. Diese sind z. T. freigegeben (Beispiel 1) und z. T. durch ein Passwort geschützt (Beispiel 2). Ohne das Passwort weiterzugeben kann so das Bibliothekspersonal den Zugriff auf die geschützten Digitalisate freigeben, indem es zu Beginn der Recherche das Passwort in die Browsermaske eingibt. Im Browserfenster ist es nun gespeichert und die Dokumente lassen sich öffnen. Wird das Browserfenster geschlossen ist der Zugriff auf das geschützte Material wieder gesperrt. Die gänzlich gesperrten Dokumente hingegen (Beispiel 3) dienen nur als Sicherheitskopien und werden in keinem Fall freigegeben.
Die freien Scans von Höpp-Akten finden sich aufgelistet unter
http://www.zmo.de/biblio/nachlass/hoepp/
(z. B. http://www.zmo.de/biblio/nachlass/hoepp/07_08/07_08_005.pdf )
Die geschützten Scans von Höpp-Akten finden sich aufgelistet unter
https://www.zmo.de/biblio/nachlass/intern/hoepp/
(z. B. https://www.zmo.de/biblio/nachlass/intern/hoepp/int07_08/07_08_012.pdf )
Soweit es sich um Autographen und Originale der Themenbereiche Arabische Begegnungen mit dem Nationalsozialismus und Essad Bey handelt sind die Dokumente auch in der Datenbank Kalliope verzeichnet. Die Titeldaten wurden hier z. T. ebenfalls mit gescannten Abbildungen der Dokumente verknüpft. (Um eine Übersicht aller bislang in Kalliope verfügbaren Daten zu erhalten, bitte unter Sucheinstieg Bestände in das Feld Bestandsname Nachlass Hoepp eintragen, nach unten scrollen und auf den Link In diesem Bestand ... Handschriftendatensätze klicken.)
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