Das interdisziplinäre Forschungsprogramm (1996-2000) des
Zentrums, Abgrenzung und Aneignung in der Globalisierung: Asien,
Afrika und Europa seit dem 18. Jahrhundert, untersuchte Wahrnehmungen,
Verarbeitung und Folgen globaler Prozesse und Diskurse in historischer
und vergleichender Perspektive. Mit Südasien, dem Nahen Osten
und Afrika standen jene Regionen der historischen "Afro-Eurasiatischen
Oikumene" (Hodgson) im Mittelpunkt, die seit dem 18. Jahrhundert
massiv von der kolonialen bzw. postkolonialen Erfahrung geprägt
waren. Das Gesamtprogramm war um drei Gruppenprojekte mit jeweils
mehreren Teilvorhaben organisiert. Das Gruppenprojekt "Islam
und Globalisierung" untersuchte die Wahrnehmung des "Westens"
durch Muslime und ihre Reaktionen auf die heterogenen Rhythmen
des Wandels in der neuesten Geschichte. Das Gruppenprojekt "Akteure
des Wandels" untersuchte Personen und Gruppen, die an Schnittflächen
von Kulturen agierten, wobei deren eigene Perspektive, ihr Selbstverständnis
in ihrer Mittlerrolle und ihr Einfluß auf gesellschaftliche
Veränderungen im Mittelpunkt standen. Das Gruppenprojekt
"Lokalität und Staat" analysierte die Konstruktion
kleinräumlicher sozialer Ordnung im Kontext der weltweiten
Ausbildung und aktuellen Transformation des Territorialstaates.
Gruppenprojekt
1
Islam und Globalisierung. Wahrnehmungen und Reaktionen im 19.
und 20. Jahrhundert
Das interdisziplinäre Gruppenprojekt untersuchte in vergleichender
Perspektive die geistige Verarbeitung von Globalisierungserfahrungen
im islamischen Raum. Im Vordergrund standen die Wahrnehmung des
"Westens" durch Muslime und ihre Reaktionen auf die
heterogenen Rhythmen des Wandels in der neuesten Geschichte. Berücksichtigt
wurden vor allem jene Gruppen, die die Fragilität der im
Globalisierungsprozeß, an Schnitt- und Wendepunkten der
gemeinsamen Geschichte, in Frage gestellten Grenzen zwischen "Uns"
und "Ihnen", "Eigenem" und "Fremdem",
"Alt" und "Neu", "Glaube" und "Unglaube",
"islamischer" und "westlicher" Welt besonders
intensiv erfuhren und kategorial zu verarbeiten haben (Reisende,
Politiker, Publizisten, Intellektuelle). Die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter des Projektes werteten v.a. unveröffentlichte
und veröffentlichte schriftliche sowie orale Quellen aus.
MitarbeiterInnen: Dr. habil. Henner Fürtig (Leiter), Prof.
Dr. Gerhard Höpp (stellv. Leiter), Dr. Sonja Hegasy, Dr.
Börte Sagaster, Dr. Ellinor Schöne, Dr. Sfeffen Wippel.
Teilprojekte
Henner Fürtig
Das Ende des Ost-West-Konflikts in politischen Konzeptionen
arabischer Strategiezentren
Arbeitsergebnisse
Gerhard Höpp
Biographien zwischen den Kulturen. Lebenswelt und Weltsicht
muslimischer Migranten in Mitteleuropa in der ersten Hälfte
des 20. Jahrhunderts
Arbeitsergebnisse
Sonja Hegasy
Die Reflexion der globalen wissenschaftlich-technologischen
Herausforderung in den Debatten der Zeitschrift Al-Mustaqbal al-carab
, Beirut (1978-1987)
Projektpublikationen
Börte
Sagaster
Das türkische Bild der Europäer und Europas im ausgehenden
19. und beginnenden 20. Jahrhundert
Ellinor Schöne
Vor den Herausforderungen der neunziger Jahre - die Weltsicht
as-S diq al-Mahd's
Arbeitsergebnisse
Steffen Wippel
Wahrnehmungen "Europas" durch arabische Muslime
- Fallstudie: Reaktionen von Vertretern marokkanischer Parteien
auf die Zusammenarbeit mit der EG/EU und auf die Integration Europas
seit den 70er Jahren bis Mitte der 90er Jahre
Arbeitsergebnisse
Gruppenprojekt
2
Akteure des Wandels. Konflikt und Synthese orientalischer und
okzidentaler Kulturen in Lebensläufen und Gruppenbildern
Das Projekt untersuchte Personen und Gruppen in ausgewählten
Regionen Asiens und Afrikas, die als "Akteure des Wandels"
an den Schnittflächen von Kulturen agierten. Sie bewegten
sich im Spannungsfeld von indigenen Traditionen, westlicher Modernisierung,
kapitalistischer Entwicklung und Kolonialherrschaft. Das Projekt
konzentrierte sich auf den Zeitraum vom 18. bis zur Mitte des
20. Jahrhunderts und beschrieb Lebensbilder und Gruppengeschichten
von Konvertiten und Missionaren, bürokratischen und politischen
Eliten, von Bauernführern, Kriegsveteranen und islamischen
Gruppen. Im Mittelpunkt standen die Perspektive der Akteure, ihr
Selbstverständnis in ihrer Mittlerrolle und ihr Einfluß
auf gesellschaftliche Veränderungen. Den konzeptionellen
Ausgangspunkt bildete die Suche nach den Formen der Verbindung
und Koexistenz von Einflüssen der Kulturen und Zivilisationen,
nicht ihre Gegenüberstellung oder Ausschließung. Das
beinhaltet sowohl Synthese als auch Konflikt, wobei offensichtlich
etwas Eigenes, Neues, nicht im herkömmlichen Sinne Traditionales,
aber auch nicht einfach Westliches entsteht.
MitarbeiterInnen: Dr. Heike Liebau (Leiterin), Dr. Katja Füllberg-Stolberg
(stellv. Leiterin), Dr. Andreas Eckert, Dr. Petra Heidrich, Dr.
Joachim Oesterheld, Dr. Dietrich Reetz, Dr. Brigitte Reinwald
Teilprojekte
Andreas Eckert
Kulturelle Pendler. Bürokratische Eliten in Tansania seit
1920
Arbeitsergebnisse
Katja Füllberg-Stolberg
Die afro-amerikanische Aneignung von Afrika. Die Begegnung schwarzer
Amerikaner und afrikanischer Bevölkerung zwischen "Civilizing
Mission" und Pan-Afrikanismus
Arbeitsergebnisse
Annemarie
Hafner
Filmemacher und populäres Kino im kolonialen Indien: Nationale
Identität, sozialer Wandel, politische Emanzipation
Petra Heidrich
Tradition auf dem Prüfstand. Bauernführer im spätkolonialen
Indien
Arbeitsergebnisse
Heike Liebau
Zwischen Hinduismus und Christentum. Veränderungen sozialer
und religiöser Bindungen im Süden des vorkolonialen
Indien
Arbeitsergebnisse
Joachim
Oesterheld
Bildung nach der Kolonialzeit. Zakir Husain und nationale Bildung
für ein freies Indien (1920-1947)
Arbeitsergebnisse
Dietrich Reetz
Allahs Reich auf Erden: Das politische Projekt islamischer Bewegungen
in Indien (1900-1947)
Arbeitsergebnisse
Brigitte
Reinwald
"Tirailleurs sénégalais". Kriegsveteranen
als Träger gesellschaftlicher Veränderungsprozesse im
spätkolonialen Französisch-Westafrika
Arbeitsergebnisse
Gruppenprojekt
3
Lokalität und Staat. Studien zur Konstruktion räumlicher
und sozialer Ordnung in der neueren Geschichte Afrikas und Asiens
Das Projekt führte die derzeitige kultur- und sozialwissenschaftliche
Debatte zum Verhältnis von Globalisierung und Lokalisierung
weiter und vertiefte sie empirisch. Lokalität wurde dabei
als der sich historisch wandelnde Handlungs- und Orientierungsrahmen
sozialer Akteure verstanden, die sich ihren räumlichen Standort
praktisch und kognitiv aneignen, ihn symbolisch abgrenzen und
sich dabei selbst als lokale Gemeinschaften konstituieren. Ziel
des Gruppenprojekts war die historisch-längsschnittartige
Erforschung der kulturellen Konstruktion und soziopolitischen
Aushandlung kleinräumlicher Identitäten und Abgrenzungen
in Afrika und Asien im Kontext der weltweiten Ausbildung und aktuellen
Transformation des Territorialstaats sowie alternativer, z.B.
religiöser Formen globaler Einbindung. Dazu wurden sechs
exemplarische Fallstudien mit historischen und sozialwissenschaftlichen
Methoden auf der Grundlage von Feldforschungen, Archivquellen
und lokal produzierten Texten erstellt und interregional verglichen.
Die Teilprojekte beschäftigten sich mit Lokalisierungsprozessen
in Nigeria, Zambia/Tanzania sowie in Afghanistan, Kamerun/Malawi,
Libanon und Nordindien.
MitarbeiterInnen: Dr. Achim von Oppen (Leiter), Dr. Axel Harneit-Sievers
(stellv. Leiter), Dr. Bernt Glatzer, Dr. Antje Linkenbach-Fuchs,
Anja Peleikis
Teilprojekte
Brigitte
Bühler
Geschlecht und Genre: zwei Fallstudien zur Produktion von Lokalität
in Kamerun und Malawi
Bernt Glatzer
Lokalität, Ethnizität und Islam im gegenwärtigen
Konflikt um den Staat Afghanistan
Arbeitsergebnisse
Axel Harneit-Sievers
Lokalität, Ethnizität und Nationalstaat in Nigeria:
Igboland seit 1880
Arbeitsergebnisse
Antje Linkenbach-Fuchs
The Making of Uttarakhand: Zum Konstruktionsprozeß von Territorialität
und regionler Identität in Nordindien
Arbeitsergebnisse
Achim von Oppen
Die Eingrenzung "lokaler Gemeinschaften". Fallstudien
zur Territorialisierung im Hinterland Ost- und Südzentralafrikas
Arbeitsergebnisse
Anja Peleikis
Lokalität, Konfessionalität und Geschlecht: Zum Wandel
lokaler Identitäten am Fallbeispiel multikonfessioneller
Dörfer im Libanon
Arbeitsergebnisse
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