Forschung

Projekte 2000 – 2003

 
 

Projekte 2014-2019

Projekte 2008-2013

Projekte 2006-2007

Projekte 2004-2005

Projekte 2000-2003

Projekte 1996-2000

DFG - Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis PDFLog

 

 

(Re-)Konstruktion von Nationalstaaten durch translokale Vergesellschaftung

Dr. Anja Peleikis
Katja Hermann

Zusammenfassung des Abschlussberichts der Gruppe
Die Diskussionen über Globalisierung hatten zur Folge, dass eine Reihe sozialwissenschaftlicher Grundannahmen und -kategorien in Frage gestellt wurden. Eine solche ins Wanken geratene Denkfigur ist die Vorstellung, dass die Konturen einer Gesellschaft mit den Grenzen eines Nationalstaates weitestgehend übereinstimmen. Die jeweiligen Terrritorialstaaten sind jedoch oftmals nicht mehr ausschließlich der Raum, in dem sich gesellschaftliche Akteure konstituieren und agieren. Erhöhte Mobilität hat zur Folge, dass sich soziale Gruppen grenzüberschreitend an unterschiedlichen Orten formieren. Dabei erlauben moderne Kommunikationsmittel den einzelnen Akteuren, losgelöst vom direktem face-to-face Kontakt und physischer Anwesenheit engen Kontakt zu entwickeln. Hier können neue "soziale Landschaften" entstehen, die über die nationalstaatlich und territorial verankerte Eingebundenheit hinausgehen.
Das Projekt wollte untersuchen, wie sich solche translokalen und transnationalen sozialen Räume und Akteure in Diskurs und Praxis formieren. Am Fallbeispiel zivilgesellschaftlicher Organisationen im Libanon und in Palästina/Israel wurde der Frage nachgegangen, wie sich diese grenzüberschreitend mit Formen und Visionen eines (neuen) Nationalstaates auseinandersetzen. Die Teilprojekte wurden vor allem auf der Basis ethnologischer Feldforschung sowie mit Hilfe von Presse- und Literaturrecherchen durchgeführt.
Unter anderem ergab die Arbeit, dass translokale Räume durch soziale Akteure unter bestimmten Bedingungen zu unterschiedlichen Zeiten geschaffen werden, jedoch stets einem dynamischen Wandel unterliegen und auf sich verändernde politisch-legale Rahmenbedingungen reagieren. Dies wurde insbesondere im Vergleich der beiden Teilprojekte deutlich. Während im Libanon translokale Prozesse aus ökonomischem und politischem Interesse von staatlicher Seite teilweise unterstützt werden, werden sie im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts seitens des israelischen Staates massiv behindert.

Teilprojekt 1

Translokale Akteure: Vision und Praxis gesellschaftlichen Wandels im Libanon

Dr. Anja Peleikis

Zusammenfassung des Abschlussberichts
Transnationalisierungsprozesse der libanesischen Gesellschaft werden immer augenfälliger. Vor diesem Hintergrund ging das Teilprojekt "Translokale Akteure: Vision und Praxis gesellschaftlichen Wandels im Libanon" der Frage nach, wie sich NGOs aus dem säkularen Spektrum grenzüberschreitend konstituieren und wie sie agieren. Die als Fallbeispiele untersuchten Menschenrechtsorganisationen setzen sich für die Entkonfessionalisierung des politischen Systems und insbesondere für ein ziviles Personenstandsgesetz ein.
Die auf ethnologischer Feldforschung und Presserecherche basierende Arbeit ergab, daß säkular agierende Akteure im Gegensatz zu lokalen und konfessionellen Gruppierungen grundsätzlich anders translokal und transnational vernetzt sind. Somit kann im Libanon gewissermaßen von zwei gleichzeitig ablaufenden Entwicklungen gesprochen werden: Einerseits organisieren sich zuvor stark lokal und national integrierte gesellschaftliche Bereiche, wie Großfamilien und Konfessionsgruppen, zunehmend translokal und setzen diese grenzüberschreitenden Kontakte und Praktiken wiederum für ihre partikularen Interessen im Libanon ein. Dies führt dazu, daß das politisch-konfessionelle System auch durch translokale Vernetzung eher gestärkt als geschwächt wird.
Dieser stark auf konfessionellen und Familienverbände konzentrierten gesellschaftlichen Organisation widersetzen sich die säkularen Gruppen, in denen Menschen zumeist unterschiedlicher Konfessionen und Familien zusammenkommen. Ihre Arbeiten und Aktivitäten sind stark von ihren Interaktionen und politischen Aktivitäten vor Ort in Beirut geprägt, über die sie ihre gemeinsame Identität und Handlungsfähigkeit herstellen. Gleichzeitig sind ihre Aktionen stark beeinflußt von globalen Diskursen und Politiken, die für die lokale Situation angeeignet, re-interpretiert und neu umgesetzt werden. Darüber hinaus sind diese Gruppen mit international agierenden, zu meist europäischen und nordamerikanischen Organisationen vernetzt, von denen sie Finanzierung, Fortbildung und Kampagnen-Unterstützung erhalten.
Somit versuchen die säkularen Aktivisten eine Re-Definition und Re-Produktion des Lokalen und Nationalen vor dem Hintergrund ihrer internationalen und oft auch kosmopolitischen Erfahrungen. Dies führt "vor Ort" – im Libanon, vor allem in Beirut, immer stärker zu einem Nebeneinander und oft auch Gegeneinander von sehr unterschiedlich translokal und transnational organisierten säkularen, politisch-religiösen und familiären Gruppen, die ihre jeweiligen Netzwerke und Beziehungen einsetzen, damit um Macht, Einfluß und Vorherrschaft im translokalen und transnationalen Libanon zu konkurrieren.

Arbeitsergebnisse

Teilprojekt 2

Translokalität über die Grüne Linie: Die Palästinenser in Israel zwischen israelischer Staatsbürgerschaft und translokaler palästinensischer Vergesellschaftung

Katja Hermann

Zusammenfassung des Abschlussberichts
Die Diskussionen über Globalisierung hatten zur Folge, dass eine Reihe sozialwissenschaftlicher Grundannahmen und –kategorien in Frage gestellt wurden. Eine solche ins Wanken geratene Denkfigur ist die Vorstellung, dass die Konturen einer Gesellschaft mit den Grenzen eines Nationalstaates weitestgehend übereinstimmen. Die jeweiligen Terrritorialstaaten sind jedoch oftmals nicht mehr ausschließlich der Raum, in dem sich gesellschaftliche Akteure konstituieren und agieren. Erhöhte Mobilität hat zur Folge, dass sich soziale Gruppen grenzüberschreitend an unterschiedlichen Orten formieren. Dabei erlauben moderne Kommunikationsmittel den einzelnen Akteuren, losgelöst vom direktem face-to-face Kontakt und physischer Anwesenheit engen Kontakt zu entwickeln. Hier können neue "soziale Landschaften" entstehen, die über die nationalstaatlich und territorial verankerte Eingebundenheit hinausgehen.
Das Projekt wollte untersuchen, wie sich solche translokalen und transnationalen sozialen Räume und Akteure in Diskurs und Praxis formieren. Am Fallbeispiel zivilgesellschaftlicher Organisationen im Libanon und in Palästina/Israel wurde der Frage nachgegangen, wie sich diese grenzüberschreitend mit Formen und Visionen eines (neuen) Nationalstaates auseinandersetzen. Die Teilprojekte wurden vor allem auf der Basis ethnologischer Feldforschung sowie mit Hilfe von Presse- und Literaturrecherchen durchgeführt.
Unter anderem ergab die Arbeit, dass translokale Räume durch soziale Akteure unter bestimmten Bedingungen zu unterschiedlichen Zeiten geschaffen werden, jedoch stets einem dynamischen Wandel unterliegen und auf sich verändernde politisch-legale Rahmenbedingungen reagieren. Dies wurde insbesondere im Vergleich der beiden Teilprojekte deutlich. Während im Libanon translokale Prozesse aus ökonomischem und politischem Interesse von staatlicher Seite teilweise unterstützt werden, werden sie im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts seitens des israelischen Staates massiv behindert.

Projektpublikationen