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Indischer Ozean – Transformationen einer seascape

Teilprojekt 2: Dhauhandel in Ostafrika, 1869–1914: ein eigenständiger "afrikanischer" Wirtschaftsfaktor im Kolonialismus? (Patrick Krajewski)

Ein für den Projektverlauf überraschendes Ergebnis stellte die schon in den 1870er Jahren abgeschlossene Verdrängung arabischer Händler aus dem ostafrikanischen Küstenhandel dar. Zwar konnten sich diese im Dhau-Fernhandel nach Arabien erfolgreich am Markt halten, die Finanzierung und Organisation des ostafrikanischen Dhau-Zwischenhandel nach Sansibar übernahmen jedoch indische Handelsunternehmen. Unter vielfacher Ausschaltung arabischer Konkurrenten war es indischen Händlern nun möglich, die Warendistribution für das Festland monopolartig von Sansibar aus zu steuern.

Diese massiven und unerwartet früh eintretenden Veränderungen im ostafrikanischen Handelssystem machten die verstärkte Sichtung indischer Handelsakten nötig. Dieses Unterfangen erwies sich, wohl auch aufgrund der geringen Bereitschaft indischer Händler Geschäftsvorgänge schriftlich zu dokumentieren, als äußerst diffizil. Trotz dieser Schwierigkeiten und der Neuausrichtung des Projektes kam die Bearbeitung gut voran, wobei im maritimen Handel ein wachsendes Spannungsfeld zwischen europäischen und afrikanischen bzw. indischen Handelsinteressen nachgezeichnet werden konnte.

In der Frühphase der europäischen Kolonialherrschaft in Ostafrika (1885-1914) gab es Parallelentwicklungen zwischen der afrikanischen und der europäischen Wirtschaft. Beide waren exportorientiert und bei einigen Handelsartikeln, z.B. Kautschuk und Elfenbein überschnitten sich die Absatzmärkte. Im Zuge einer beschleunigten Einbeziehung in den Weltmarkt kam es entlang der ostafrikanischen Küste zu einer zunehmenden Verdrängung des afrikanischen Handels durch den europäischen Sektor. Entscheidend war hier das Entstehen neuer, nach Europa und vor allem Indien gerichteter Dampfschifflinien. Allerdings besaß der europäische Handel an bestimmten Produkten kein Interesse, sodass sich der von Indern finanzierte und von Afrikanern und zum Teil auch Arabern durchgeführte Handel auf Dhaus in bestimmten Sparten behaupten konnte. Insgesamt überlebten die Dhaus aufgrund massiver kolonialer Regulierungen jedoch nur am Rand der Kolonialwirtschaft. Der Dhauhandel wurde nach 1890 zunehmend in eine Art Schattenwirtschaft (informeller Sektor) gedrängt.