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Armeereform
und Elitenbewegungen zwischen Maghreb und Nahem Osten (1830 bis 1912)
Dyala Hamzah
Das "lange 19. Jahrhundert" brachte im südlichen und
östlichen Mittelmeer tiefgreifende Prozesse des Wandels mit sich,
in denen grenzüberschreitende Beziehungen innerhalb der islamischen
Welt eine zentrale Rolle gespielt haben. Das Forschungsprojekt untersucht
die Bedeutung solcher Beziehungen anhand verschiedener Ansätze
zur Armeereform in der Region. Die Armeereform dient dabei als eine
Art Prisma, mit dessen Hilfe in der Forschung bisher kaum beachtete
Aspekte der historischen Verlaufslinien politischer Reorganisation in
der Region aufgefächert werden können. Der Aufbau moderner
Armeen stellte ein Kernelement bei der Herausbildung bzw. der Konsolidierung
zentralisierter Staatlichkeit dar. Er zielte auf Mobilisierung und Kontrolle
im Innern, sowie auf Abgrenzung oder auch Expansion nach außen.
Beide Dimensionen trafen auf der lokalen und der nationalen Ebene auf
praktische Schwierigkeiten und schufen neue Legitimationsprobleme. Dabei
vollzogen sich Reformen nicht nur in Abhängigkeit von und in Konfrontation
mit Europa. Durch die horizontale Beweglichkeit religiöser und
politisch-militärischer Eliten und durch die translokale Wirksamkeit
von Identifikationen innerhalb der muslimischen Welt existierten Erfahrungsräume
und Referenzrahmen für Reformen, die politische und sozio-kulturelle
Grenzen überschritten. Umgekehrt haben sich diese Erfahrungsräume
und Referenzrahmen im Verlauf von Reformprozessen verändert. In
dem Projekt soll aus der Perspektive konkreter Akteure gezeigt werden,
in welcher Weise länderübergreifende Kontakte und Bezüge
innerhalb der muslimischen Welt die Schaffung bzw. Aneignung von Formen
moderner Staatlichkeit geprägt und wie diese wiederum auf solche
Kontakte und Bezüge zurückgewirkt haben. Die Teilprojekte
1 und 2 aus dem Projektzeitraum 2004-2005 wurden abgeschlossen.
In Teilprojekt 3 werden die Perspektiven von Azhar-Gelehrten auf den
Umbau der ägyptischen Armee und deren Expansionismus untersucht.
Diskurse der Legitimation im Zeitalter der Reform. Azhar, Armee und
ägyptischer Expansionismus
Dyala Hamzah
Dyala Hamzah untersucht die Einführung einer stehenden Armee in
Ägypten (1822) und die von dieser Armee geführten Kriege im
19. Jahrhundert aus der Perspektive religiöser Gelehrter der Azhar
Moschee-Universität. Dabei ist zu fragen, inwieweit sich einzelne
Konzepte islamischer politischer Theorie (khilâfa, siyâsa,
shariyya) angesichts staatlicher Zentralisierung und staatlichen
Expansionismus verändert und in welcher Weise Armeereformen
auf religiös-rechtliche Konzepte wie abd, dhimmî oder
jihâd zurückgewirkt haben. Durch diese Untersuchung kommen
auch die sich wandelnden Bedingungen für die Produktion gelehrter
Literatur in den Blick. Besondere Beachtung werden fatâwâ
(Rechtsmeinungen) finden, mit deren Hilfe die soziale Bedeutung der
Religions- und Rechtsgelehrten, ihre grenzüberschreitenden Netzwerke
wie auch die translokale Wirksamkeit ihrer Ideen innerhalb des Osmanischen
Reiches (und darüber hinaus) beurteilt werden kann. Dabei geht
es konkret um die Position der Gelehrten im Wettstreit um die Legitimierung
von Ordnung mit Trägern anderer Weltsichten, deren Ursprung in
bürokratisch-technischen Abläufen und Denkformen liegt.
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