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Zur Säkularisierung islamischer Institutionen:
Lokale Projekte und transnationale Wirkungen in der islamischen Welt

Saeed Ur Rehman
Farish Noor
S. M. Faizan Ahmed

Das Projekt untersucht in zwei Teilprojekten die Konzepte, Aktivitäten und Ergebnisse zum Wandel und zur Öffnung islamischer Bildungsinstitutionen. Teilprojekt 1 (S. Rehman) betrachtet Weiterbildungsprojekte für junge islamische Gelehrte in Indien sowie private Sekundarschulen mit einem gemischten religiösen und säkularen Lehrplan in Pakistan; Teilprojekt 2 (F. Noor) wird sich auf die Internationale Islamische Universität Malaysia sowie drei staatliche islamische Universitäten in Indonesien konzentrieren. Diese Aktivitäten erlangen gegenwärtig besondere Aktualität und Dringlichkeit. Staatliche und private Akteure sehen sich wachsendem innerem und äußerem politischem Druck ausgesetzt, die religiösen Institutionen und Projekte zu reformieren und zu modernisieren. Gleichzeitig reagieren diese Bemühungen auf das Streben eines wertkonservativen Teils der schnell wachsenden und sozial breit gestaffelten Mittelklasse. Sie möchte den Zugang zu moderner Bildung und effektiver politischer Teilhabe mit „authentischen“ Formen religiösen Wissens und politischer Legitimation verbinden. Zudem müssen sich diese Projekte am schnell wachsenden privaten Bildungsmarkt behaupten. In diesen Institutionen kooperieren Religionsgelehrte und religiöse Politiker mit säkularisierten Muslimen, die so versuchen die Kluft zwischen religiöser und weltlicher Bildung zu überwinden. Dabei verbinden sich oft entwicklungspolitische, soziale und missionarische Zielstellungen.

Aus einer multidisziplinär angelegten translokalen Forschungsperspektive stellt das Projekt den Zusammenhang zwischen den Diskursen, Institutionen und Personen in den Mittelpunkt. Dabei geht es sowohl um die Bewertung des Stellenwerts dieser Aktivitäten in Bildung und Politik dieser Länder, ihre Erfolgsaussichten, als auch um den Charakter der vermittelten Bildung und der verfolgten politischen Konzepte, sowohl der religiösen als auch der säkularen. Das Projekt knüpft an das Vorgängerprojekt der „Transkulturellen Vermittlung islamischen Wissens“ an, das hauptsächlich die Akteure (Studenten, Absolventen, Lehrpersonal) untersuchte und sich mit deren Umsetzung normativer islamischer Konzepte in kulturell unterschiedlichen Kontexten befasste.

Teilprojekt 1

Die Kluft überwinden: zur Verbindung islamischer und säkularer Bildung in neuen Schulprojekten Indiens und Pakistan

Saeed Ur Rehman

Das Teilprojekt untersucht die Verbindung islamischer und säkularer Bildung an ausgewählten Schul- und Weiterbildungsprojekten in Südasien. In Indien stehen im Mittelpunkt die Einrichtungen zur Qualifizierung junger Religionsgelehrter, die zur Stiftung Markaz al-Ma'ārif (Wissenszentrum) gehören. Sie vermitteln den Teilnehmern Computer- und Englischkenntnisse und diskutieren aktuelle gesellschaftliche Probleme der Muslime. In Pakistan geht es um die privaten Sekundarschulen der Stiftung 'Iqra' Rawdat al-Atfāl (Schule der Wissensvermittlung), in denen die Kinder neben einer religiösen Ausbildung zum Koranrezitator (hāfiz) auch das staatlich anerkannte Schulcurriculum bis zur Hochschulreife absolvieren. Im Vordergrund der Untersuchung stehen die Konzepte, Personen, und Institutionen, deren Verknüpfung untereinander zu lokalen und translokalen Netzwerken in Südasien und anderen islamischen Ländern. Davon abgeleitet geht es um die Bewertung der Folgen dieser Öffnung für die Islam-Interpretation und das Eigenverständnis der Absolventen als Muslime in einem weltlichen Gesellschaftskontext.

Für den Vergleich der Schulprojekte interessieren besonders Bezüge auf übergreifende Diskurse sowie die institutionellen und personellen Verbindungen. Parallel dazu soll den lokalen Wurzeln sowie kulturellen Brüchen nachgegangen werden, die diese Art der Einbindung in Modernisierungsprozesse mit sich bringt.

Teilprojekt 2

Islamische Bildungsreform in Malaysia und Indonesien: Der Kampf um Modernisierung, Macht und die Politisierung von Wissen in Malaysia und Indonesien.

Farish Noor

Im Mittelpunkt dieses Projektes stehen die aktuellen Entwicklungen im islamischen Bildungssektor in Malaysia und Indonesien. Der praktische Ansatz untersucht den Verlauf und die Methoden institutioneller Reformen, während der theoretische Ansatz der Debatte nachgeht, was eine moderne Form islamischer Bildung in den beiden Ländern ausmacht. Diese ist gekennzeichnet durch die Öffnung des islamischen Bildungssektors hin zu anderen Disziplinen wie den Geistes- und Naturwissenschaften. Der Reformprozess im Bildungsbereich selbst kann im Sinne eines Säkularisierungsprozess analysiert werden. Die Anhänger des Reformprozesses in Malaysia und Indonesien sehen sich auf der Suche nach einem „modernen“, jedoch nicht weniger „authentischen“ Islam, der eine klare Abgrenzung zum „westlichen Säkularismus“ darstellt. Dieses analytische Paradox und seine politischen Auswirkungen sind der Untersuchungsgegenstand des Projekts in dem Versuch, diese neue Form der „islamischen Moderne“ als eine Spielart der „multiplen Moderne“ zu betrachten, die sich in der heutigen Welt herausbildet.

Das Projekt wird diese Reformbemühungen anhand von islamischen Universitäten untersuchen, eine in Malaysia (International Islamic University Kuala Lumpur) und drei in Indonesien (Sharif Hidayatullah Islamic University Jakarta, UIN Sunan Kalijaga Jogjakarta, Universitas Muhamadijah Surakarta) untersuchen. Diese Einrichtungen dienen als Modell und wirken sich auch auf das Niveau der einfachen islamischen Schulen (Madrassen, Pondoks) aus. Die Untersuchung will zeigen, wie dieser Reformprozess sowohl durch innere als auch äußere Faktoren beeinflusst wird.

Es soll gezeigt werden, wie sich die Herausbildung eines globalen, transnationalen Netzwerks islamischer Bildungseinrichtungen und Gelehrter vollzieht. Dabei wird betrachtet, wie sich lokale und internationale Akteure auf diesem Gebiet etabliert haben, die jetzt miteinander konkurrieren, um der islamischen Moderne und Reform ihren Stempel aufzudrücken. Das Projekt thematisiert weiter, wie dieser Modernisierungsprozess bei lokalen islamischen Bildungseinrichtungen und Pädagogen eine Gegenreaktion hervorgerufen hat und wie die Debatte zum Thema der islamischen Moderne in diesen Ländern gestaltet wird.

Teilprojekt 3

S. M Faizan Ahmed

Die Verhandlung von Epistemologien - Eine Herausforderung.
Ein Forschungsprojekt über die Modernisierung von Madrassen
in Indien

Religion ist sowohl integraler Bestandteil der menschlichen Existenz als auch eine ihrer ältesten Institutionen. Als solche hat sie vielen Zwecken dazu gedient zu beurteilen, was „gut“ und was „böse“ ist. Moderne definiert sich durch die Abkehr von Religion – der Abkehr von einer allumfassenden Weltsicht, deren legitime Autorität in der modernen Lesart alleinig in theologischen Belangen anerkannt wird. Verschiedene Versuche der Bekämpfung dieses Wissensparadigmas sind mit Bemühungen der Einbindung/Verbindung und Aneignung des jeweilig „Anderen“ einhergegangen. Die Modernisierung von Madrassen in Indien ist ein geeignetes Beispiel, das zum Verständnis beiträgt, die Art und Weise der Auseinandersetzung und Einbindung (oder Aneignung) zu untersuchen und die derzeitige Krise ausführlich zu bearbeiten.

Im laufenden Forschungsprojekt werden im ersten Schritt die verschiedenen Typen von indischen Madrassen, anhand von Lehrinhalt und -struktur sowie Funktionsweise und Ausrichtung untersucht und klassifiziert. Es werden Madrassen untersucht, die moderne Bestrebungen ablehnen, staatlich geleitete oder assoziierte Madrassen und solche, die moderne Lehrinhalte oder Berufsausbildungen mit theologischem Wissen kombiniert anbieten. Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts steht die Frage, ob eine „Verbindung“ oder „Modernisierung“ dazu beiträgt, die Studenten zum „national mainstream“ hinzuführen oder ob die Aneignung modernen Wissens für sie vielmehr eine „essentielle Notwendigkeit“ des Überlebens darstellt. Daran anknüpfend soll untersucht werden, ob und inwiefern jene „Verbindung“ oder „Modernisierung“ das Urteilsvermögen der Schüler in weltlichen Fragen beeinflusst. Zudem soll untersucht werden wo die Übereinstimmungen zwischen säkularen und islamischen Bereichen liegen.