| Die Globale Umma als Handlungsrahmen: Religiöse Überzeugungen und Praktiken der gambischen TablighisDr. Marloes Janson Anschließend an das  Vorgängerprojekt über den gambischen Zweig der transnationalen islamischen  Missionierungsbewegung Tabligh Jama‘at befasst sich die aktuelle Forschung mit den translokalen religiösen Netzwerken,  in welche der gambische Zweig eingebunden ist. Das Projekt geht von der Annahme  aus, dass die Tablighi Kongregation sich als globale umma versteht, die eine Vielfalt lokaler sowie regionaler  Ausdrucksformen besitzt. Diese Herangehensweise eröffnet für das Projekt zwei  Forschungslinien:Einerseits  soll ein Vergleich zwischen dem gambischen Zweig der Jama‘at und anderen  westafrikanischen Zweigen der Bewegung sowie ihren Vernetzungen angestellt  werden. Die vorangegangene Forschung hat gezeigt, dass Tablighis aus anderen  westafrikanischen Ländern regelmäßig Versammlungen in Gambia abhalten, bei  denen Konferenzen, Ausbildungsangebote, und Predigten stattfinden. Im Gegenzug  unternehmen Tablighis aus Gambia missionarische Reisen in andere  westafrikanische Länder. Hierbei werden Senegal aufgrund seiner geographischen  und kulturellen Nähe zu Gambia, und Nigeria, dem ersten Land mit einem  etablierten Tablighi Zweig, genauer betrachtet.
 Andererseits  soll die Vernetzung der gambischen Tabligh Jama‘at zu anderen islamischen  reformistischen Bewegungen betrachtet werden. Ähnlich der gambischen Tabligh  Jama‘at, hat sich auch die senegalesische Jama‘at  ‘Ibad ar-Rahman zu einer Bewegung entwickelt, die auf urbane Jugendliche  eine besondere Anziehung ausübt. Die Ideologie der Yan Izala Bewegung in Nigeria ist mit jener der Tabligh Jama‘at  vergleichbar. Allerdings unterscheiden sich die Bewegungen durch die Art und  Weise ihrer Propagierung. Die komparative Studie untersucht die verschiedenen  reformistischen islamischen Bewegungen in Bezug auf die Wahrnehmungen ihrer  eigenen Position innerhalb einer globalen umma sowie auf ihre Ansichten zu islamischer Bildung und Politik. Das  Forschungsinteresse gilt darüber hinaus den verschiedenen Durchführungsweisen  von Lebenszyklusritualen und muslimischen Festen, dem Verständnis von  generationsübergreifenden Beziehungen und Geschlechterverhältnissen sowie dem  Umgang mit Sufis und sufistischen Praktiken.
 Die Untersuchung  der gambischen Jama‘at als Teil einer globalen umma soll verdeutlichen, dass der islamische Reformismus nicht als  teleologische, monolithische Bewegung zu verstehen ist. Vielmehr handelt es  sich um einen diffusen, auf verschiedenen Ebenen statt findenden Prozess, bei  dem sich die Kategorien des Lokalen, Regionalen und Translokalen überschneiden.  Eine solche Herangehensweise ist notwendig für die Auflösung von den  stereotypen Bildern wie dem eines entgegenkommenden, synkretischen,  sufistischen Islams oder dem eines „fundamentalistischen“ Islams als  militärische Streitkraft mit offenem, politischem Programm.
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