Kosmopoliten im Geiste? Auf der Suche nach der Welt im provinziellen Ägypten
Dr. Samuli Schielke
Eine besonders widersprüchliche Folge des jüngeren Globalisierungsprozesses ist die Herausbildung einer großen Zahl von Menschen weltweit, die Vorstellungen und Versprechen von globalem Ausmaß ernst nehmen und sich als Teil einer größeren Welt wahrnehmen. Doch haben sie oft nur einen sehr begrenzten Zugang zu Mobilität, Bildungswegen oder finanziellen Mitteln, die herkömmlich mit dem Begriff des Kosmopolitismus assoziiert werden.
Diese Erfahrung prägt auch das Leben vieler junger Ägypter. Für sie stellt sich Migration als Königsweg zur Verwirklichung des großen Traums von sozialer Mobilität dar, vorbei an den Grenzen von Klasse und Familienbeziehungen. Diese soziale Mobilität ist für die meisten Ägyptern nur schwer erreichbar, aber täglich präsent in den Medien, im Lebensstil der wohlhabenden Ägypter und in der allgegenwärtigen Vorstellung vom Land der Träume jenseits des Mittelmeers. Auf einer imaginativen Ebene beinhalten die Erfahrungen dieser Menschen mit der Welt viele der Unsicherheiten und Ungewissheiten kosmopolitischen Erlebens, sei es in Form von Träumen und Plänen zur Migration, im Konsum von Musik, Film, Mode oder Sport oder in Form von Versuchen, sich in neue gehobene Milieus zu begeben. Im Gegensatz zu anderen Beschreibungen des Kosmopolitischen sind diese Erfahrungen aber charakterisiert von einer starken Frustration und einer quälenden alltäglichen Langeweile im Angesicht eines besseren, größeren Lebens anderswo.
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