„Heutiger Nachbar – gestriger Untertan“:
Der Balkan als Schnittstelle zwischen Osmanischem Reich und Europa aus
Perspektive osmanischer Reisender 1870-1918
Leyla von Mende
Im Laufe des 19. und zu Beginn des 20. Jhd. verlor das Osmanische Reich
bis auf wenige Ausnahmen fast seine gesamten europäischen Provinzen. „Gestrige Untertanen“ wurden plötzlich zu neuen Nachbarn und auch
Konkurrenten im Prozess, das eigene Reich zu bewahren und sich gegenüber
Europa zu behaupten. Das Promotionsvorhaben setzt sich zum Ziel, die
osmanische Wahrnehmung der neuen unabhängigen Staaten des
Balkans anhand von Reiseberichten zu untersuchen. Wie beobachteten die
Reisenden die neue Situation und die Resultate der Unabhängigkeit in den
Staaten des Balkans? Zweifellos war ihre Wahrnehmung geprägt von der
Tatsache, dass es sich bei diesen Staaten um ehemalige Provinzen handelte.
Dies führte zu unterschiedlichen Reaktionen, die von Bagatellisierung oder
gar Ignorierung bestimmter Entwicklungen über Verwunderung bis zu
Bewunderung reichten. In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage,
inwieweit die osmanischen Reisenden auf Grundlage ihrer Einschätzungen
glaubten, etwas von den neuen Staaten des Balkans über den Umgang mit
Europa lernen zu können. Es gilt somit, einen Blick auf das
Beziehungsgeflecht Osmanisches Reich – Balkan – Europa und die osmanische
Selbstverortung darin zu werfen.
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