Um-Wertungen von Land in der Region Kurdistan, Irak
Dr. Katharina Lange
Dieses Projekt erforscht Veränderungen in der Nutzung und Bewertung von Land im ländlichen Raum der irakischen Region Kurdistan während der letzten vierzig Jahre. Vor allem durch familien- und lebensgeschichtliche Interviews, aber auch teilnehmende Beobachtung und Auswertung anderer Quellen werden diese Um-Wertungen ethnographisch dokumentiert.
In den letzten vier Jahrzehnten hat die Landwirtschaft in dieser Region stark an Bedeutung verloren. Heute nimmt der Agrarsektor im Vergleich zu den schnellwachsenden Städten und dem rapide expandierenden Ölsektor eine marginale Stellung ein. Ein Hauptgrund liegt in der gewaltsamen Geschichte der letzten Jahrzehnte, insbesondere den genozidalen Anfal-Kampagnen des irakischen Regimes gegen die Kurden in den späten 1980er Jahren. Weitere Gründe sind veränderte Arbeits- und Lebensentwürfe sowie Mangel an landwirtschaftlichen Kenntnissen und Wissen bei Angehörigen der jüngeren Generation, aber auch eine staatliche Strukturpolitik, die sich vor allem auf die Entwicklung städtischer Regionen konzentriert.
Dennoch steigen Landpreise in Kurdistan nicht nur im städtischen, sondern auch im ländlichen Raum. Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Zu welchen Zwecken wurde und wird Agrarland genutzt? Wie werden Besitz- und Nutzungsrechte an bestimmten Orten bzw. Dörfern (um-)verteilt? Wie verhält sich der materielle Wert von Agrarland zu anderen (symbolischen, politischen oder sozialen) Bewertungsschema? Und wie können die Antworten auf diese Fragen unser Nachdenken über die (Um-)Wertung materieller Ressourcen bereichern?
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