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Gefangenenliteratur aus Nordafrika und dem Mittleren Osten - Strategie zum Überleben oder Nationale Allegorie? Überlegungen zu einem Genre

Lecture by Tobias Mörike (ZMO)

Seit den 1990er Jahren haben eine Reihe von ehemaligen politischen Gefangenen ihre Erfahrungen von Haft, Folter und Isolation in Autobiographien oder autobiographisch angelegten Fiktionen verarbeitet. Das Genre wird durch Gefängnisfiktionen, die nicht auf eigene Erfahrung beruhen ergänzt. Besonders ist dabei die Sympathielenkung auf die Opfer. Während sonst Täter als Handelnde oder Dritte als Komplizen, Ermittler oder Beobachter im Mittelpunkt stehen, konzentriert sich die Gefangenenliteratur auf die Bewahrung der Würde und Agency unter den Bedingungen der Haft.
Eine Reihe von Werken sind in das Genre der Gefangenliteratur einzurechnen. Nawal Saadawi’s Gefängniserinnerungen und  ihr fiktionaler Texte „Imra fi nuqtat sifr- eine Frau am Punkt Null“ sind möglicherweise die bekanntesten Texte aus diesem Genre. Eine besondere Rolle spielen dabei Autoren aus Marokko, da im Jahr 1991 eine generelle Amnestie für politische Häftlinge erteilt wurde. Die öffentliche Diskussion um die im Jahr 2003 eingerichtete Wahrheitskommission (Commission nationale pour la vérité, l'équité et la réconciliation) bot einen wichtigen Ansatzpunkt für die literarische Auseinandersetzung mit individuellen und kollektiven Erfahrungen der Haft.

Der Vortrag beschäftigt sich mit den Erzählstrategien der Gefangenliteratur. Wie wird der Gefängsnisalltag dramatisiert und erinnert? Wie wird über das Gefängnis geschrieben? Stehen individuelle oder kollektive Erfahrungen im Mittelpunkt? Sind fiktive und autobiographische Texte gleichzusetzen? Welche Subjektposition nehmen Gefangene für sich ein? Und welche Beachtung findet die Gefängnisliteratur in der Kritik und in der kollektiven Erinnerung?

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