Normalität und Krise: Die Erinnerung an den Alltag in Syrien als Chance für den Neuanfang in Deutschland
Leitung: PD Dr. Katharina Lange
Normalität und Krise: Die Erinnerung an den Alltag in Syrien als Chance für den Neuanfang in Deutschland ist ein am ZMO angesiedeltes Verbundprojekt mit Partnern der Berliner und Brandenburger Zivilgesellschaft. Das Projekt ist vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für eine Laufzeit von drei Jahren gefördert (Februar 2018 - Januar 2021).
Das Projekt untersucht Vorstellungen von gesellschaftlicher „Krise“ und ihrem begrifflichen Gegenstück, „Normalität“, aus der Sicht syrischer Geflüchteter in Deutschland. Deren Erfahrungen in ihrem Heimatland sind prägend für ihre Erwartungen an ein Leben in Deutschland und somit grundlegend für Integrationsprozesse. Welche erfahrungsbasierten Vorstellungen von gesellschaftlicher „Normalität“ haben diese Menschen? Und welche Handlungsstrategien ergeben sich hieraus für die Arbeit mit Geflüchteten?
Durch eine umfangreiche Erhebung und Archivierung lebensgeschichtlicher Erzählungen werden Erinnerungen an den Alltag in Syrien bis 2011/2012 erfasst und dokumentiert. Die Schwerpunkte der Forschung liegen dabei auf dem Zusammenleben ethnisch und konfessionell unterschiedlicher Gruppen und auf Erfahrungen mit staatlicher Autorität.
In Kooperation mit der Berliner und der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, dem Berliner Forum der Religionen und anderen Praxispartnern werden in einer Reihe von Workshops die Herausforderungen des Ankommens in der deutschen Gesellschaft vor dem Erfahrungshintergrund der Geflüchteten diskutiert und im Austausch zwischen Wissenschaftler*innen und Praktiker*innen Strategien zur besseren Integration erarbeitet. Die Erkenntnisse werden anschließend durch Weiterbildungen an Akteure aus der Praxis vermittelt.
Subprojekte
Paper Trails and Dislocated Bureaucracies
Veronica Ferreri
“a passport is more important than the man who carries it. The man is just a kind of mechanical device for carrying the passport from
country to country.”
Bertolt Brecht, Conversations in Exile
This project aims to examine Syrian official documents and the work of the Syrian bureaucracy to excavate past experiences of citizenship in Syria. In the context of migration and displacement, the significance of official documents becomes prominently visible as they concretely allow people to have a legally-valuable (and recognised) life. Nevertheless, understanding this prominence also requires a critical engagement with the life and journey of these papers across time and borders. Thus, the research intends to look at the historiticy of bureaucratic and legal documents possessed by Syrians living in Berlin and Brandenburg to question the meanings attributed to these papers and the relationship between Syrian state and its citizens.
The project interrogates the ways through which documents are obtained, possessed, retrieved and, sometimes, lost by Syrians to grasp the life (and power) of these documents. What is the relationship between a paper and its holder? How is this relationship shaped by and, simoultaneosly, informs specific experiences of citizenship inside Syria? By answering these questions, the project also aims to unearth the complexities of the state/citizens´s relationships and the modalities through which Syrians navigate(-d) the delicate and arbitrary terrain of bureaucracy. In doing so, the project aims to reflect on the nature of the Syrian bureaucracy—and its archives—and how administrative apparatuses are imbricated with other modalities of state power such as laws, violence, disciplines, and iconography.
Zuhause in Aleppo. Erfahrungen und Erinnerungen
Bearbeiterin: Lisa Jöris
Aleppo gilt spätestens seit 2012 als eine geteilte Stadt: im Verlaufe des Krieges wurde ein großer Teil über mehrere Jahre von Oppositionellen kontrolliert, während der andere Teil weiterhin in den Händen der syrischen Regierung verblieb. Gleichzeitig ist Aleppo bekannt für seine Diversität und Heterogenität vor Ausbruch des Krieges: in der Stadt lebte eine Vielzahl verschiedener ethnischer und religiöser Gruppen. Verschiedene Viertel waren bekannt als kurdisch, armenisch, christlich, konservativ, liberal etc. Vor diesem Hintergrund untersucht dieses Projekt Zusammenleben in der Millionenstadt vor 2011. Dabei steht das Thema „Wohnen“ im Fokus. Wie suchten und fanden Aleppiner*innen Wohnraum? Welche Faktoren begünstigten bzw. erschwerten einen Zuzug in ein bestimmtes Viertel? Welche Ressourcen fanden sich im baulichen und im sozialen Umfeld ausgewählter Nachbarschaften?
Zusammenleben in Homs im Spannungsfeld zwischen Raum, staatlichen Institutionen und Interkonfessionalität: Schule als ein interaktiver Begegnungsraum
Bearbeiterin: Inana Othman
Das Projekt beschäftigt sich mit Dynamiken von sozialem Zusammenleben und gegenseitiger Abgrenzung in der Stadt Homs vor 2011. Diese Prozesse werden im Spannungsfeld von staatlichen Institutionen, Alltagspraxis und Interkonfessionalität untersucht. Im Fokus steht dabei die ambivalente Rolle von Schule als Ort der Begegnung, aber auch staatlicher Disziplinierung und Autorität.
Durch narrative Interviews mit in Berlin und Brandenburg lebenden Menschen aus Homs fragt das Projekt, wie SchülerInnen, Elternhäuser und LehrerInnen staatliche Schulen als soziale Begegnungsräume unterschiedlicher konfessioneller Gruppen erfahren haben und wo die Grenzen dieser Begegnungen lagen. Im Zentrum stehen die Widersprüche zwischen staatlicher bzw. baathistischer Rhetorik und Alltagserfahrungen. Während politische Rhetorik sowie Unterrichtsinhalte, insbesondere durch den obligatorischen Qaumiyya („Nationalkunde“)-Unterricht, systematisch und offiziell die „nationale Identität“ und die „Einheit und Gleichheit aller Syrer“ propagierten, erlebten SyrerInnen in einer Stadt wie Homs einen zum größten Teil konfessionell geteilten städtischen Raum. Dieses Projekt stellt daher die Fragen: Wie haben die SyrerInnen aus Homs in diesem Kontext den öffentlichen Raum wahrgenommen und genutzt? Wie wurde die Schule (Lehr- und Lernpraktiken wie auch der Schullehrplan) als staatlich organisierter, organisierender und disziplinierender „Raum und Institution“ erlebt? Welche Auswirkungen hatten diese Erfahrungen auf das Zusammenleben verschiedener ethnisch-konfessioneller und sozialer Gruppen in Homs vor 2011?
Kooperationspartner:
Förderung:
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